Morrissey in Berlin – eine aufregende & denkwürdige Show!

Am Sonntag Abend stand ein Konzert auf dem Programm, auf das ich mich schon seit langem riesig gefreut hatte: Morrissey, ehemaliger Sänger von The Smiths, war in der Stadt um sein neues Album World Peace Is None Of Your Business vorzustellen. Das letzte Konzert ist über drei Jahre her und in der Zwischenzeit ist viel passiert im Leben und Wirken des Steven Patrick Morrissey – die Vorfreude war entsprechend riesig!

Beunruhigende Vorzeichen

Ich war allerdings noch nie so nervös vor einem Konzert. Dies lag nicht nur an meiner riesigen Vorfreude, sondern auch an der Sorge daran, dass die Show eventuell gar nicht oder nur teilweise stattfinden würde…

Konzertabbruch in Warschau
Vor ein paar Tagen kam es beim Konzert in Warschau zu einem Zwischenfall: dort hat wohl jemand aus dem Publikum etwas unhöfliches zu Morrissey gerufen (was auch immer das war, habe mehrere Versionen gelesen…). Daraufhin verließ Morrissey die Bühne und die Show war nach knapp 20 Minuten vorbei. Ich habe gehofft, dass in Berlin alle Leute brav und nett sind und den geschätzten Morrissey höflich empfangen – das hat auch wunderbar geklappt. Danke Berlin! :)

Fuck Harvest Records
Und dann hängt da dieser andauernde Streit mit seinem Label Harvest Records in der Luft – dies wurde beim Konzert auch deutlich gemacht, indem die Bandmitglieder ein T-Shirt mit dem Aufdruck “Fuck Harvest Records” trugen. Bei dem Streit geht es wohl darum, dass das Label laut Morrissey nicht genug dazu beigetragen hat, das neue Album zu promoten. Daraufhin wurde die Zusammenarbeit aufgekündigt.

Noch schlimmere News – Krebs
Erst kürzlich verkündete Morrissey, dass er letztes Jahr an Krebs erkrankt ist und dafür mehrmals operiert wurde. Das war ein Schock! Vor allem seine Aussage “Wenn ich sterbe, dann sterbe ich eben.“. Dann kommen immer mehr Anzeichen auf, dass Morrissey womöglich bald seine Musikerkarriere an den Nagel hängt. In dem Interview sagte er:

Mit etwas Glück werde ich für immer mit dem Singen aufhören, was einige Leute sehr glücklich machen würde!

Morrissey

Für verrückte Fans wie mich sind das natürlich Worte, die man überhaupt nicht gerne hören mag. Dennoch könnte ich es gut nachvollziehen, wenn er sich zurückziehen würde. In den letzten Jahren war er schon mehrfach krank und musste Touren verschieben oder komplett absagen.

Und trotz alledem – es wurde ein ganz besonderer Abend

Vorband an diesem Abend war Anna Calvi, die wir uns aber nicht angeschaut haben. Erst beim Umbau der Bühne drängelten wir uns etwas unverschämt nach vorne (sorry, das musste einfach sein…). Auf der Leinwand liefen während der Pause Videos (Ramones, New York Dolls, Lou Reed…), Interviews und Filmausschnitte. Und irgendwann ertönte der Song The Bullfighter Dies vom Band und passend dazu wurde ein Stierkampf-Video gezeigt mit brutalen Kampfszenen, die meistens zu Ungunsten des Stierkämpfers ausgingen…

Morrissey live in Berlin 2014
The Queen is dead

Kurz darauf betrat Morrissey – ganz in weiß gekleidet – samt Band die Bühne. Morrissey sah überraschend gut aus – zumindest ich hatte gedacht, dass man ihm die Krankheit evtl. ansehen würde. Aber weit gefehlt. Er wirkte gelöst, auch seine Stimme war stark und klar. Seine Energie nahm den kompletten Saal mit knapp 3.000 Fans komplett ein. Theatralische Gesten und Blicke, ab und an ein Händeschütteln mit den Fans in der ersten Reihe. Es war wunderbar, Morrissey dabei zuzuschauen wie er sich seiner Musik komplett hingibt und uns mitreißt in die Welt der Melancholie…

Beim Song Meat is Murder wurde es heftig – auf der Leinwand wurden Bilder aus Ställen und Schlachthöfen gezeigt, blutig und ekelhaft. Ich hab versucht mich auf Morrissey zu konzentrieren, musste aber oftmals wegsehen weil die Bilder so grausam waren. Die Message ist eindeutig – Tiere essen ist Mist. Um diese Message weiterzutragen, empfiehlt Morrissey noch, uns nach der Show eine Schablone mit dem Aufdruck Meat is Murder zu besorgen am Merchandise Stand und damit die öffentlichen Gebäude zu verzieren – das haben einige auf dem Heimweg scheinbar direkt in die Tat umgesetzt.

Vor dem Song One of your own gab es noch ein paar nette & mahnende Worte von Morrissey:

I’ve said this many times before, but have an incredibly beautiful city. If you’re thinking of leaving I really wouldn’t bother. And if you’re british and you’re thinking of going back to England – don’t!

Morrissey

Die Show war überwiegend mit Songs vom neuen Album bestückt, einige davon kannte ich noch gar nicht. Shame on me! ;) Aber auch alte Hits wie Suedehead, How soon is now?, Speedway oder der Evergreen Every Day is like Sunday waren vertreten und machten das Konzert perfekt!

Als dann die Show nach knapp 1,5 Stunden recht abrupt endete, war ich erst ein wenig irritiert. Am Ende von Every Day is like Sunday riss sich Morrissey das kurz zuvor frisch angezogene schwarze Hemd vom Leib, wischt sich den Schweiß damit vom Gesicht und wirft es in die Menge. Daraufhin verschwindet er ohne große Gesten und Worte (und ohne Hemd) hinter der Bühne.

Nachher erfuhr ich jedoch (von einem der Tontechniker der Tour), dass dies tatsächlich die komplette Show war – also kein vorzeitiger Abbruch wegen irgendwelcher Deppen im Publikum (wie in Warschau oder gestern in Essen passiert…).

Morrissey live in Berlin 2014

Nun ja, es war kurz aber sehr sehr schön, Morrissey zu sehen. Der Gedanke daran, dass dies vielleicht seine letzte Tour ist, hat mich traurig gestimmt, und das passte wiederum perfekt zur Stimmung. Euphorie und Melancholie, ganz dicht beieinander. That’s Morrissey.

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